24.05.2004

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert zwei Projekte sächsischer Archäologen

Der Brunnen von Plaußig wurde mit samt der Verfüllung und umliegendem Erdreich als Block gehoben und in Dresden in Detailarbeit freigelegt. 
© Landesamt für Archäologie

Derzeit werden zwei Forschungsprojekte des Landesamtes für Archäologie Sachsen durch die DFG gefördert. Das erste der Projekte erlaubt die Untersuchung der wohl spektakulärsten Brunnenfunde aus dem Leipziger Umland der letzten Jahre.

  • Drei linienbandkeramische Brunnen aus dem Raum Leipzig: Rekonstruktion von Klima, Umwelt und Wirtschaftsweise im Altneolithikum und Untersuchung der Funde aus organischem Material.
    Seit vorgeschichtlicher Zeit ist die Leipziger Bucht ein bevorzugter Siedlungsraum. In der Nähe der Ortschaft Eythra, südlich von Leipzig, wurde in den 90er Jahren eine altneolithische Siedlung ausgegraben, die sich über mindestens 25 ha erstreckte und nicht weniger als 250 Gebäude umfasste.
    Inmitten ihrer Bebauung lagen zwei 4,5 m tiefe Brunnen, deren untere Abschnitte sich über die Jahrtausende im feuchtem Zustand erhalten hatten. Dendrochronolgische Untersuchungen und Radiokarbonmessungen ergaben für die Brunnen Entstehungszeiten um 5090 v. Chr. , bzw. um 5.200 v. Chr. Neben Keramikgefäßen und Steinartefakten waren hier auch die Holzkonstruktionen der Schächte sowie Geräte und Behälter aus organischem Material konserviert. Damit werden bislang unbekannte Aspekte des altneolithischen Lebens greifbar.
    Eine weitere Brunnenanlage wurde im Jahr 2002 bei Ausgrabungen auf dem BMW Werksgelände in Leipzig-Plaußig, im Osten der Stadt, entdeckt. Die dazugehörige Siedlung umfasste ca. 30 Häuser. Dieser Brunnen wurde im Laufe seiner Nutzung mindestens zweimal erneuert. Die vorläufige dendrochronolgische Untersuchung datiert die verwendeten Eichen-Hölzer in das Jahr 5.259/58 v. Chr. Damit ist dieser Brunnen sogar noch älter als das Pendant aus Erkelnz-Kückhoven.
    In den Brunnensedimenten sind eine Vielzahl von Säugetier- und Amphibienknochen sowie Insekten, Muscheln und Pollen vorzüglich erhalten. Dieses reiche Material wird Einblicke in Klima und Umwelt im 6. und 5. Jahrtausend v. Chr. ermöglichen.
    Mit Hilfe der DFG sind die sächsischen Archäologen nun in Lage, den Beginn der noch neuen Wirtschaftsweise mit Ackerbau und Viehzucht genauer zu untersuchen und die Anfänge der durch menschliche Eingriffe verursachten Landschaftsveränderungen zu erfassen.

Im zweiten Projekt widmen sich die Wissenschaftler der Aufarbeitung der reichen Ausbeute aus den Ausgrabungen im Braunkohletagebau-Vorfeld von Reichwalde in Ost-Sachsen.

Zeichnerische Dokumentation gut erhaltener Baumreste des Spätglazial im Tagebau Reichwalde, Sommer 2001
Zeichnerische Dokumentation gut erhaltener Baumreste des Spätglazial im Tagebau Reichwalde, Sommer 2001  © Landesamt für Archäologie
  • Landschaftsarchäologie seit dem Spätglazial in der nördlichen Oberlausitz.
    Das Landesamt für Archäologie Sachsen realisiert dieses Projekt in Kooperation mit der Universität Hohenheim und dem Umweltforschungszentrum Halle.

    Von1993 bis 2001 führte das Landesamt für Archäologie im Vorfeld des Braunkohletagebaus Reichwalde (Niederschlesischer Oberlausitzkreis) systematische archäologische Untersuchungen mit intensiver geowissenschaftlicher Begleitung durch.
    Das Untersuchungsgebiet umfasst beispielhaft die für die nördliche Oberlausitz charakteristischen Landschaftstypen: Binnendünen, die Flussaue des Weißen Schöps sowie etliche Niedermoorgebiete, die aus Paläoseen hervorgegangen sind.
    Neben zahlreichen vor- und frühgeschichtlichen Fundstellen vom Jungpaläolithikum bis in das  Mittelalter, ist die Erhaltung organischer Materialien in den Moorgebieten herausragend. Hier konnten auf ca. 4000 m2 sehr gut erhaltene spätglaziale Waldrelikte unter meterdicken Torfschichten geborgen werden.
    Im Zentrum des von der DFG geförderten Forschungsprojektes stehen nun die Dynamik der Landschaftsentwicklung während des Klimawandels am Ende der Eiszeit und der beginnenden Warmzeit, sowie die Ausprägung und Entwicklung des Wald – und Pflanzenbewuchses.
    Reiche geowissenschaftliche Daten liefern die Voraussetzung, das sich rasch verändernde Relief aus Becken, Kuppen und Flussläufen zu erforschen.
    Dendrologische und paläobotanische Untersuchungen lassen anhand des Pflanzen- und Baumbewuchses weitere Rückschlüsse auf die natürliche Umwelt zu. Mittels der Analyse stabiler Isotopen können die Klimaverhältnisse rekonstruiert werden.
    Steingeräte und Feuerstellen des Spätpaläolithikums und Mesolithikums sind Hinterlassenschaften des zeitgenössischen Menschen, der in dieser Umwelt lebte. Ihre archäologische Analyse verspricht wesentlich neue Einblicke in die Anpassung des Menschen an eine sich wandelnde Umwelt am Ende der Eiszeit.
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