20.05.2016

Steinzeitliche Totenkammer, frühbronzezeitlicher Friedhof und jungbronzezeitliche Siedlung

Die Ausgrabungen in der Trasse der S 28 bei Bornitz. 
© Landesamt für Archäologie

Herausragende archäologische Funde von 3000 - 1000 v. Chr. an der S 28 zwischen Bornitz und Canitz, Kreis Nordsachsen, entdeckt.

Schon im Herbst 2015 wurden bei archäologischen Untersuchungen vor dem grundhaften Ausbau der S 28 östlich von Bornitz, Gemeinde Liebschützberg, Nordsachsen, mehrere Fundstellen unterschiedlicher Zeitstellung entdeckt.

Seit März 2016 wird ihre systematische Ausgrabung und Dokumentation durch das Landesamt für Archäologie Sachsen mit Unterstützung durch das Landesamt für Straßenbau und Verkehr fortgeführt. Neben Siedlungsstellen der Jungbronzezeit und Vorrömischen Eisenzeit konzentrieren sich die Arbeiten vor allem auf einen herausragenden Bestattungsplatz der Stein- und frühen Bronzezeit. Zunächst waren es nur 5 Körpergräber der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur (um 2000 v. Chr.), die links und rechts der Straße im Ackerland scheinbar verstreut lagen.

Wenige weitere Gräber waren zwischen ihnen unter dem alten Straßenkörper zu erwarten. Völlig überraschend zeigte sich dann beim Öffnen des Straßenkörpers eine hervorragend erhaltene Totenstätte langer Tradition. Im Zentrum war ein ca. 4,5 x 2 m großes, rechteckiges Ost-West gerichtetes Steinpflaster aus mehreren Lagen unterschiedlicher Steine erhalten, auf dem Brandbestattungen mit sog. Kugelamphoren deponiert waren. Diese Gefäße sind namengebend für eine jungsteinzeitliche Kulturgruppe der Zeit um 3000 v. Chr. Möglicherweise wurden die Bestattungen in eine hölzerne Kammer eingebracht, deren Decke mit Steinen beschwert war. Jedenfalls muss die Kammer noch gut 1000 Jahre später im Gelände sichtbar gewesen sein, vielleicht weil sie von einem Erdhügel bedeckt war. Denn direkt um die Steinkammer lagen über 20 weitere Nord-Süd gerichtete Grabgruben der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur, eindeutig auf die alte Totenkammer ausgerichtet.

Eine der frühbronzezeitlichen Grabgruben während der Freilegung.
Eine der frühbronzezeitlichen Grabgruben während der Freilegung.  © Landesamt für Archäologie

In den Grabgruben, die teilweise mehrfach belegt wurden, waren die Toten in Hockerstellung gebettet und mit Beigefäßen für die Reise ins Jenseits ausgestattet worden.


Weitere 1000 Jahre später hatte man den Bestattungsplatz wohl vergessen, denn während der Jungbronzezeit (um 1000 v.Chr.) errichteten die Menschen über dem Gelände eine Siedlung. Nachgewiesen sind ein Wandgräbchenhaus direkt über der Totenkammer und etliche Siedlungsgruben, die teilweise in die Grabgruben eingetieft waren.

Als größter bekannter sächsischer Friedhof der Frühbronzezeit mit einmaligem Traditionsbezug in die Jungsteinzeit besitzt der Fundplatz weit über Sachsen hinaus Bedeutung.

Die Grabungen, die derzeit parallel zum Straßenbau durchgeführt werden, sollen Ende Mai enden.

 

Eine öffentliche Führung zu den Ausgrabungen findet Donnerstag, 26.5.16, 17.00 statt

Treffpunkt: Südlicher Ortsausgang Wadewitz Baustellenabsperrung am Abzweig zur S 28.
Parkplatz an der Stallanlage Wadewitz. Das Tragen von festem Schuhwerk wird empfohlen.

 

W. Ender

 

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