14.02.2014

Fundamente des Chinesischen Turms entdeckt?

Fundamentreste der Gebäude A–C im Planum. Im Hintergrund das Kraftwerk Boxberg. 
© Landesamt für Archäologie

Letzte Zeugnisse von Fürst Pücklers Jagdpark bei Weißwasser werden ausgegraben

Der Urwald von Weißwasser mit dem vom Fürst Pückler (1785-1871) gestalteten Park ist Geschichte. In den letzten beiden Jahren wurden die uralten Bäume gefällt, bevor der riesige Tagebaubagger die Kulturlandschaft verschlingt. Nun ist es an der Zeit die im Boden verborgenen Hinterlassenschaften freizulegen, zu dokumentieren und zu bergen.
Nach der Übernahme der Standesherrschaft  Muskau (1811) und des Jagdparks (1815) begann der spätere Fürst Hermann von Pückler mit der Umgestaltung des Geländes um das von dem Landvogt Kurt Reinicke von Callenberg (1607-1672) errichtete kleine Schloss.  Neben der Anlage einer weitläufigen Schlosswiese und dem Ausbau eines südwestlich gelegenen Weihers, errichtete er vermutlich auch eine Schießbahn. Von einem Rondell auf einer Kuppe  nordöstlich des Schlosses gingen drei strahlenförmige Bahnen aus, die eine Länge von ca. 100 m hatten. Die mittlere Bahn erstreckte sich als Weg weiter den Hang hinauf. Auf einer Karte aus dem Jahre 1862 sind am Ende dieser Bahn Fundamentreste eingezeichnet. Mit einer Entfernung von ca. 300 m vom Schloss hatte man an diesem Punkt einen idealen Standort für die Errichtung eines Aussichtsturmes.
Am 20.01.2014 begannen die Sondierungsarbeiten mit Hilfe eines Minibaggers. Durch einen Kreuzschnitt konnten charakteristische Strukturen von Fundamente freigelegt werden, die die Rekonstruktion von zwei Gebäudegrundrissen aus dem 19. Jh. und Hinweise eine weitere Baustruktur aus dem 20. Jh. erlaubte. Durch die gezielte Anlage von Teilflächen und Planas ergibt sich zum gegenwärtigen Auswertungsstand folgendes Bild:
Gebäude A:
L.: 6,30 m; B.: 5,00 m; Ausrichtung NW-SO, Fundament aus Lehm mit Ziegelbruch, in Richtung Schloss war eine Fläche für eine Terrasse (?) planiert
Gebäude B:
L.: 10,40 m; B.: 10,40  m; Ausrichtung NW-SO, Punktfundamente aus Bruchsteinen, Ziegelbruch und Mörtel
Gebäude (?) C:
zwei Ziegelfundamentreste, Größe unbekannt

 

Chinesischer Turm am Jagdschloss um 1850 (Lithographie von G. Täubert).
Chinesischer Turm am Jagdschloss um 1850 (Lithographie von G. Täubert).  © Landesamt für Archäologie
Das Gebäude A war die älteste nachgewiesene Baustruktur vor Ort. Der Fundamentgraben war nur leicht in den anstehenden Boden eingetieft. Das natürliche Geländeprofil wurde erst durch das Aufgehende ausgeglichen. Vermutlich waren die Wände aus Ziegeln ausgeführt und das Dach mit Bieberschwänzen bedeckt. Nachdem das Gebäude A abgerissen worden war, erfolgte eine Nivellierung des Geländes durch das Aufbringen einer Planierschicht aus Kies. In die Planierschicht wurden die 16 Punktfundamente für das Gebäude B eingegraben, die bis in den anstehenden Boden reichten. In den Grabungsprofilen gibt es Hinweise darauf, dass die Punktfundamente durch ein Streifenfundament miteinander verbunden waren. Nach Aufgabe des Gebäudes B wurden die meisten Bruchsteine entnommen und die entstandenen Gruben mit Bauschutt verfüllt. Eine letzte und jüngste Baustruktur besaß einen Unterbau aus quadratischen Ziegelsetzungen, von denen zwei nachgewiesen werden konnten.

Schon in den dreißiger Jahren des 19. Jh. erwähnt Hermann von Pückler in einem Brief an seine Frau Lucie das Vorhaben, einen Chinesischen Turm zu errichten und fertigt von seinen Vorstellungen auch eine kleine Skizze an. Die älteste Abbildung des Chinesischen Turmes stammt allerdings erst aus den Jahren 1849/50. Zu dieser Zeit war die Standesherrschaft im Besitz von Prinz Friedrich der Niederlande (1797-1881), der eine Verwaltungsreform und umfangreiche Baumaßnahmen in Muskau und am Jagdschloss durchführte. Wir hoffen durch weitere Aktenstudien den Bauherrn für den Chinesischen Turm, den wir gegenwärtig mit dem Gebäude B in Verbindung bringen, ermitteln zu können. Während die Feldarbeiten am »Chinesischen Turm« abgeschlossen sind, planen wir im Frühjahr die Prospektion des Pücklerschen Cottage, das wir am Rande des heutigen Märchensees vermuten. Zwischen den Jahren 1832 und 1833 schrieb Pückler in seinem berühmten Werk »Andeutungen über Landschaftsgärtnerei...«, auf der Seite 274: »Die letzte Tafel XL1II giebt die Ansicht meiner Cottage im Garten des Jagdschlosses, ein stiller einsamer Ort, von wo aus ich jetzt dem freundlichen Leser, wenn er so weit bei der trockenen Materie ausgehalten hat, den herzlichsten Abschied zurufe, ...«

Peter Schöneburg, Thomas Linsener

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