04.02.2013

Vier Gräber mit reicher Ausstattung aus Heuersdorf

Eine der beiden goldenen Gliederketten mit Christusmonogramm »IHS« aus einem Grab einer jungen Frau im Inneren der Taborkirche. 
© Landesamt für Archäologie

Braunkohlentagebau »Vereinigtes Schleenhain«, Landkreis Leipzig

Durch den fortschreitenden Tagebau im Südraum Leipzig wurden im Zeitraum von 2006 bis Anfang 2013 die mittlerweile abgetragenen Ortslagen Heuersdorf, Großhermsdorf sowie die angrenzenden Flure archäologisch untersucht. In diesem Zusammenhang gelang die Freilegung von zirka 1000 Bestattungen im Innenraum und auf dem Friedhof der mittelalterlichen Taborkirche, die einen Belegungszeitraum von nahezu 900 Jahren widerspiegeln. Aus einem noch früheren Zeitraum, nämlich dem 3. und 2. Jahrtausend v. Chr., stammen vereinzelte Brand- und Körpergräber auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen westlich des Dorfkerns.

Im Folgenden seien exemplarisch vier Bestattungen vorgestellt, die sich durch besonders reiche Ausstattung auszeichnen. Drei von ihnen datieren in das Barock (17. Jh.). Ihnen gemeinsam ist das geringe Lebensalter der Verstorbenen. Die vierte Bestattung ist der Glockenbecherkultur (c.a. 2200 v. Chr.) zu zuordnen und damit wesentlich älter. Bei ihr ist keine Knochenerhaltung mehr nachzuweisen.

Das Innere der Großhermsdorfer Taborkirche diente im 16./17. Jahrhundert als repräsentativer Bestattungsplatz für den ländlichen Adel. Unter den hier in Backsteingrüften beigesetzten Personen fällt eine 18 bis 20 Jahre alte Frau auf, die unter einer ausgeprägten Knochentuberkulose litt. Ihr Rückgrat war deformiert. An beiden Unterarmen trug sie jeweils eine goldene Gliederkette mit Christusmonogramm »IHS«. Auch ein Goldfingerring sowie ein Besteck bestehend aus Messer und zweizinkiger Gabel wurden ihr ins Grab beigegeben. Bemerkenswert ist ferner der Elfenbeinkamm mit gravierten Silberplatten. Laut Eintrag in den Kirchenbüchern könnte es sich um die im Jahre 1665 bestattete  »Jungfer Von Brißkes« handeln.

Zarte Grabbeigabe: Eine Netzhaube aus Filigrandraht, verziert mit Perlen und mit zu kleinen Blumen zusammengesetzten roten Schmucksteinen.
Zarte Grabbeigabe: Eine Netzhaube aus Filigrandraht, verziert mit Perlen und mit zu kleinen Blumen zusammengesetzten roten Schmucksteinen.   © Landesamt für Archäologie

Wenig später wurde oberhalb dieser Gruft ein kleiner Holzsarg in die Erde eingelassen. Das darin bestattete Kleinkind  von unter 3 Jahren war in ein silberdurchwirktes Kleidchen gehüllt. Den Kopf schmückte eine grazile Netzhaube aus Filigrandraht mit Blütenrapport, eingearbeiteten Perlen sowie roten Schmucksteinen.

       

Die vollständig zerdrückte Totenkrone des zweiten Kindergrabes.
Die vollständig zerdrückte Totenkrone des zweiten Kindergrabes.  © Landesamt für Archäologie

Wenige Zentimeter tiefer fand sich der Holzsarg eines weiteren Kindes in vergleichbarem Alter. Auf seinem Kopf war eine mit Metalldraht gewirkte Totenkrone aufgesetzt, die vor Ort geborgen werden konnte. Standen die beiden Kinder in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu der jungen Frau?

  

Neben den kegelförmigen Bernsteinperlen fanden sich in diesem Grab ein Glockenbecher und zwei Tassen.
Neben den kegelförmigen Bernsteinperlen fanden sich in diesem Grab ein Glockenbecher und zwei Tassen.  © Landesamt für Archäologie

Auch bei der Bestattung der Glockenbecherkultur könnte es sich um eine gesellschaftlich hoch gestellte Dame gehandelt haben. Der Fundlage nach zu urteilen, waren im Hals-/Brustbereich neun kegelförmige Bernsteinperlen auf die Bekleidung aufgenäht. Als Beigaben wurden im Nackenbereich der Verstorbenen ein Glockenbecher und zwei Tassen deponiert. Ganz in der Nähe fanden sich Hinweise auf eine zeitgleiche Siedlung. Bestattungen von deren Bewohnern konnten jedoch nicht nachgewiesen werden.

  

Karl-Heinz Richter und Dirk Scheidemantel

  

Literatur:
Pro Leipzig (Hrsg.), Heuersdorf. Geschichte und Abschied eines mitteldeutschen Dorfes (Leipzig 2009).

D. Scheidemantel, Die Geschichte zweier abgebaggerter Dörfer im Südraum Leipzig. In: R. Smolnik (Hrsg.), Ausgrabungen in Sachsen 4 (Dresden 2012) 135–148.

T. Brockow, Die Heuersdorfer Emmauskirche und ihr Umzug nach Borna. In: Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.), Denkmalpflege in Sachsen. Jahrbuch 2007 (Beucha 2008) 31–46.

 


 

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