27.09.2019

Archäologische Ausgrabungen am Getreidemarkt in Chemnitz beendet

Blick auf die Grabungsfläche im Juni 2019. 
© Landesamt für Archäologie

Untersuchungen werden fristgerecht abgeschlossen.

Mit 5800 m² gehörten die archäologischen Ausgrabungen am Getreidemarkt  zu den größten Stadtkerngrabungen in Sachsen. Heute fanden sie nun fristgerecht íhren Abschluss. 

 

Die Archäologinnen und Archäologen  konnten auf dem Gelände vielfältige Spuren der Arbeits- und Lebenswelt vergangener Jahrhunderte, von der ersten Siedlungsphase bis heute, sichern. Dabei befanden sich die Fundstellen größtenteils in den ehemaligen Hinterhöfen, die vor allem sehr intensiv handwerklich genutzt wurden. So wurde beispielweise der Arbeitsbereich einer Gerberei des 13./ 14. Jahrhunderts sowie Relikte von vier späteren Öfen freigelegt, wie typische Produktionsabfälle und -strukturen bezeugen. Des Weiteren dokumentierten die Forscher auf dem Areal ganze 30 Brunnen vom Spätmittelalter bis in die Neuzeit, die ebenfalls auf Gewerbe mit hohem Wasserbedarf hindeuten.

Grundmauern eines der vier mittelalter- bis frühneuzeitlichen Gebäude auf dem Areal.
Grundmauern eines der vier mittelalter- bis frühneuzeitlichen Gebäude auf dem Areal.  © Landesamt für Archäologie

Zum spätmittelalterlichen Stadtbild sind vier ausgebrannte Gebäudegrundrisse von Schuppen, Ställen oder Lagerräumen zu zählen. Herausragend ist dabei eine gut erhaltene Flechtwerkwand mit Fachwerkkonstruktion, die von Restauratoren des Landesamtes aufwändig im Block geborgen wurde und bereits für kommende Ausstellungen in Chemnitz vorgesehen ist. Ein Spuren eines verheerenden Brandes, dem auch  Gebäude  des 14. Jahrhunderts zum Opfer fielen, ziehen sich über das gesamte Grabungsareal und zeugen von großen Feuersbrünsten in den Städten des Mittelalters. Eine weitere Brandkatastrophe lässt sich in dicken Brandschichten des 17. Jahrhundert nachweisen. Aber auch Anzeichen von Überschwemmungen sind in dem feuchten Gebiet nahe der Chemnitz festzustellen. Zu den jüngeren Befunden gehören die gründerzeitlichen Gebäudefundamente und Keller, die im zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Sie belegen über sekundär verwendete renaissancezeitliche und spätgotische Bauteile ebenfalls ein lang verloren gegangenes Stadtbild dieser Perioden.

Sehr gut erhaltenes Flechtwerk einer verbrannten und umgestürzten Fachwerkwand.
Sehr gut erhaltenes Flechtwerk einer verbrannten und umgestürzten Fachwerkwand.  © Landesamt für Archäologie

Die Ausgrabungen in Chemnitz werden Titelthema unseres Magazins Archaeo Nr. 16 sein. Es erscheint im April 2020. 72 Seiten, € 8,-, im online-shop oder im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz - smac - erhältlich.

Außerdem werden erste Ergebnisse und Funde im Sommer 2020 im smac in der Ausstellungsreihe „ausgegraben – ausgestellt“ zu sehen sein.

Die Grabung auf einen Blick:

  • Anlass: Bau eines Wohn-, Büro- und Geschäftshaus durch die rebo consult ingenieurgesellschaft mbh / bhss-architekten gmbh, Leipzig
  • Beginn: 24.09.2018
  • Abschluss: 27.09.2019
  • Personal: 1 Grabungsleiterin, 1 Grabungstechnikerin, 8 Mitarbeiter/innen
  • Größe der Untersuchungsfläche: ca. 5.800 m²
  • max. Eingriffstiefe: 4,5 m Tiefe der Ausgrabung; 9 m Bautiefe
  • Anzahl Funde: mehrere Tausend
  • Anzahl Befunde - Stand 27.09.2019: ca. 1500
  • Älteste Befunde: erste Siedlungsspuren des 13. Jahrhunderts
  • Jüngste Befunde: ein DDR-Kindergarten und die steinerne Bebauung des 18./19. Jahrhunderts
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