07.12.2022, 16:00 Uhr

Ministerpräsident Kretschmer besucht Ausgrabung bei Döbeln.

Ministerpräsident Michael Kretschmer lässt sich vom Grabungsleiter Thomas Lukas die Ausgrabungen erläutern. Rechts im Bild Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik.
Ministerpräsident Michael Kretschmer lässt sich vom Grabungsleiter Thomas Lukas die Ausgrabungen erläutern. Rechts im Bild Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik. 
© Landesamt für Archäologie Sachsen

Einer der größten frühneolithischen Fundplätze Mittelsachsens auf dem Gelände von Karls Erlebnis-Dorf entdeckt.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer besuchte heute die archäologischen Ausgrabungen des Landesamts für Archäologie Sachsen (LfA) auf dem zukünftigen Gelände von „Karls Erlebnis-Dorf“ bei Döbeln. In Begleitung der Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik informierte er sich über die Arbeit der Archäologen und die bisherigen Grabungsergebnisse.

„Sachsen verfügt über ein beeindruckendes kulturelles Erbe und es ist spannend zu sehen, welche Schätze hier noch versteckt sind. Karls Erlebnis-Dorf wird nicht nur ein Magnet für Touristen, sondern ist auch eine wichtige Quelle für die Wissenschaft. Die Archäologen leisten hier in Döbeln eine wertvolle Arbeit für die Erforschung der sächsischen und europäischen Geschichte.“, so Ministerpräsident Kretschmer.

Das 17 ha große Bebauungsareal von „Karls Erlebnis-Dorf Döbeln“ liegt in einer seit mehr als 7000 Jahren besiedelten Region, die über ein überaus reiches kulturelles Erbe verfügt. Aus dem unmittelbaren Umfeld des künftigen Standortes sind schon seit längerem zahlreiche Bodendenkmale von der Jungsteinzeit bis zum Mittelalter bekannt. Auch konkret vom Baufeld lagen dem LfA bereits im Vorfeld durch Oberflächenfunde klare Hinweise auf ein vorgeschichtliches Siedlungsareal vor.

Mit Hilfe eines auf der Fläche angelegten Rasters von Baggerschnitten konnte festgestellt werden, dass von dem 17 ha großen Baugelände nachweislich mehr als 10 ha (100.000 qm) der Fläche zu einer bedeutenden archäologischen Fundstelle gehören. Nach derzeitigem Kenntnisstand liegen sowohl Funde der Mittelsteinzeit, der Jungsteinzeit, der Metallzeiten als auch des Mittelalters vor. Der überwiegende Teil gehört zu einer gut erhaltenen, mehrphasigen Siedlung der frühen Jungsteinzeit (ca. 5500 bis 4500 v. Chr.). Ausgehend von den Ergebnissen des ersten Grabungsabschnitts ist auf dem gesamten Baufeld mit mehr als 60 Gebäudegrundrissen und mehreren tausend Funden und Befunden zu rechnen. Landesarchäologin Dr. Smolnik: „Damit gehört der Fundplatz in der Gemarkung Gärtitz bei Döbeln zu den größten bekannten Siedlungsplätzen der frühen Jungsteinzeit im mittelsächsischen Lössgebiet und besitzt regional wie auch überregional einen hohen Stellenwert.“

Der Ministerpräsident ließ sich auch einzelne Fundstücke und ihre zeitliche Einordnung erklären.
Der Ministerpräsident ließ sich auch einzelne Fundstücke und ihre zeitliche Einordnung erklären.   © Landesamt für Archäologie Sachsen

Das LfA hatte in einem ersten Grabungsabschnitt von Herbst 2021 bis Februar 2022 Funde und Befunde auf dem Gelände dokumentiert und die zu untersuchenden Flächen eingegrenzt. Nach erfolgter Neuplanung des Projektes durch den Bauherrn finden seit dem 10. Oktober 2022 Ausgrabungen in den Bereichen statt, in denen tiefe Bodeneingriffe erfolgen werden. Dies betrifft in der ersten Bauphase des Erlebnisdorfes dessen Hauptgebäude, ein großes Regenrückhaltebecken zum Schutz des Grundwassers, die Straßenanbindung und diverse Leitungstrassen (ca. 23.000 qm). Das örtliche Grabungsteam besteht neben dem Grabungsleiter, einem Techniker/Vermesser, einer Zeichnerin sowie sechs Arbeiterinnen und Arbeitern und wird momentan zusätzlich von zwei FSJ-lern unterstützt.

Nach nur einem Monat wurden bereits mehrere Grundrisse von Gebäuden und zahlreiche Gruben freigelegt. Die Ausgrabung konzentriert sich momentan auf zwei eindrucksvolle Häuser aus der frühen Jungsteinzeit, der sog. Stichbandkeramischen Kultur (ca. 4900 bis 4500 v.Chr.), die ursprünglich acht bis zehn Meter breit und mindestens 30 Meter lang waren. Neben der Bergung der zahlreichen Funde ermöglichen die teilweise sehr guten Erhaltungsbedingungen dem Team vor Ort die Dokumentation seltener Befunde, wie beispielsweise einer Ofenstelle in einem der Häuser. Solche Befunde haben sich normalerweise nicht erhalten, da sie nicht in den Boden eingetieft waren und demnach häufig entweder zerfielen, abgebaut oder durch spätere Nutzung zerstört wurden.

Im Frühjahr 2023 werden die Grabungen in ersten Arealen abgeschlossen sein und diese für die Bauarbeiten zur Verfügung stehen. Das LfA wird ab Frühjahr noch parallel zu den Bauarbeiten vor Ort sein und (aus Sicht der Bauplanung) weniger dringende Flächen bearbeiten.

Die Funde und Befunde auf den übrigen Flächen können – wie ursprünglich für einen Großteil der Fläche geplant – im Boden verbleiben und werden überdeckt. Damit kann ein Teilbereich der Fundstelle geschützt und für nachfolgende Generationen als Denkmal erhalten bleiben. Im Zuge dieser Überdeckung werden baubegleitende Dokumentationsarbeiten des LfA durchgeführt. Auch künftig werden Archäologen in Döbeln vor Ort sein, nämlich dann wenn es zu einer zweiten Bauphase des Projektes, einem Ausbau von Karls Erlebnis-Dorf, kommen sollte.

zurück zum Seitenanfang